Architektur Forum Ostschweiz

Di 30. April 2024, 18 Uhr

Zeughaus@AFO

Eröffnung Ausstellung «Eric Bachmann – The one-man water cannon test»

im Forum

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Die Foto­ausstellung «Eric Bachmann – The one-man water cannon test» ist Teil der Aus­­stel­lung PROTEST/­­ARCHI­­TEKTUR, die im Zeug­­haus Teufen zu sehen ist.

Vernissage: Dienstag, 30. April 2024, 18 Uhr

Ausstellung Di 30. April bis So 12. Mai 2024
Öffnungszeiten: jeweils Freitag bis Sonntag von 11 bis 17 Uhr

Eric Bachmanns Fotoserie von 1969 dokumentiert den Selbst­test mit einem der ersten in der Schweiz angeschafften Wasser­werfer. Die Bildserie eröffnet eine bisher ungesehene Perspektive auf die aufgeheizte politische Atmosphäre der späten Sechziger­jahre.

Protest – Wasserwerfer – Architektur?

«Seit zwölf Jahren warte ich auf ein Autonomes Jugendzentrum!» Das Zitat einer jungen Frau aus dem Film Züri brännt über die Opernhauskrawalle und Jugendunruhen von 1980 offenbart die Bedeutung, welche dem gebauten Raum als Auslöser für eine äusserst gewalttätige Episode der jüngeren Geschichte der Stadt Zürich zukommt. Denn das Hauptanliegen, sowohl der bewegten 80er Jahre wie zuvor schon der 68er war im Kern ein räumliches. Im Zentrum der Unruhen und gewalttätigen Krawalle stand stets die Forderung nach einem Autonomen Jugendzentrum; einem Kulturzentrum, wo die noch junge Popkultur gelebt und gepflegt werden könnte.

Heute führt die Stadt Zürich viele der jährlich erscheinenden Städterankings zur Lebensqualität entweder an oder ist zumindest in den vorderen Rängen vertreten. Der Tourismus ist zu einem wichtigen ökonomischen Faktor herangewachsen. Ein entscheidender Umstand für diese Entwicklungen ist das breite kulturelle Angebot, das aber erst in den letzten dreissig Jahren entstehen konnte.

In den 1960er-Jahren war das Zürcher Nachtleben leicht zu überblicken: Im Jahr 1964 gab es in Zürich gerade einmal acht Tage, an denen ohne Bewilligung getanzt werden durfte. Im Jahr darauf existierten in der Innenstadt 18 Dancings und der Chef der Gewerbepolizei fand, damit sei der Nachfrage Genüge getan. Die Stadt zählte zu diesem Zeitpunkt rund 445 000 Einwohnerinnen und Einwohner, was mehr als 24 000 Personen pro Dancing entspricht.

Im Namen von Ruhe und Ordnung regulierte die Stadtpolizei die Ausgeh- und Kulturszene rigoros: Sperrstunde war, bis zur Liberalisierung 1998, um Mitternacht und mit dem Aufkommen der Beatmusik Mitte der 1960er-Jahre wurden Konzertbewilligungen teilweise mit einem Passus ergänzt, der die neue Musik aus der Stadt verbannen sollte: «Orchester, deren Darbietungen auf Lärm und Rhythmus aufgebaut sind (Beat- und Blues-Bands), sind nicht gestattet.»

Weitere Schikanen und Restriktionen führten schliesslich am Ende der Dekade dazu, dass die polizeilich verordnete Langeweile zum Politikum wurde: im Epochenjahr 1968 erfuhr die Stadt einen Sommer der Gewalt.

The one-man water cannon test

Anstatt auf die Forderungen nach einem Autonomen Jugendzentrum einzugehen und den Jugendlichen den gewünschten Freiraum zur Verfügung zu stellen, beschlossen Stadt- und Regierungsrat stattdessen die Anschaffung von je zwei Wasserwerferfahrzeugen für die Stadt- und die Kantonspolizei. Die grosse Kontroverse um den Kauf wollten sich im Frühjahr 1969 die Journalisten Robert Naef und Peter Fasler von der Zeitschrift Sie und Er zunutze machen.

Gemeinsam mit dem Fotografen Eric Bachmann wagten sich die Reporter auf den Werkhof der Kantonspolizei und begaben sich selbst in die Schusslinie der «Antikrawallkanone». Die eindrücklichen Fotografien, die dabei entstanden, werden nun im Rahmen der Ausstellung «Protest/Architektur» präsentiert.

Der Fotograf Eric Bachmann (1940–2019) wurde in Zürich geboren und begann 1956 eine dreijährige Fotografenlehre beim Fotostudio Meiner, das vor allem die gehobene Klientel vom Zürichberg und die Zünfter mit stilvollen Porträts bediente. Ab 1959 beteiligte sich Eric Bachmann am Aufbau der Fotoabteilung des Schweizer Fernsehens DRS, verliess aber schon 1962 die feste Anstellung und betätigte sich als freier Fotograf. Von 1963 bis 2001 unternahm er Reportagereisen in alle fünf Kontinente und bereiste sämtliche Klimazonen. Seine Fotoreportagen wurden in Magazinen, Zeitungen und Büchern produziert. Nebenbei realisierte er verschiedene Ausstellungen über ganz unterschiedliche Themen wie z.B. die Shetlandinseln, Leningrad, die 68er-Jahre oder den Gränicher Wald. Daneben arbeitete Eric Bachmann regelmässig im freien Auftragsverhältnis für das Schweizer Fernsehen.

Die Fotoausstellung wurde vom Grafiker und Leiter des Eric Bachmann Archivs, Dominik Bachmann, initiiert. Die Fotografien sind 2023 im Bildband The one-man water cannon test im Verlag everyedition erstmals erschienen. Ergänzend stellte der Historiker Manuel Walser, der sich intensiv mit der Geschichte der Zürcher Stadtpolizei in den 1950er- und 1960er-Jahren auseinandergesetzt hat, die Anschaffung der Wasserwerfer in den historischen Kontext.

«Politik der Strasse»

Ebenfalls von Eric Bachmann ist die Fotografie, die im Zentrum der zweiten Zusammenarbeit von Dominik Bachmann und Manuel Walser steht: Dem Faltplakat zum Thema «Politik der Strasse: Krawall und Protest in Zürich 1848-1968», das am 1. Mai 2024 erscheint. Auf der Vorderseite des A1-formatigen Plakats ist das ikonische Protestbild, das Bachmann am Abend der Globus-Krawalle in Zürich fotografiert hat und dem die Fotografin Barbara Davatz zehn Jahre später für eine Publikation mittels Eiweisslasur und Airbrush Technik den unverkennbaren ästhetischen Geist von 1968 einhauchte. Auf der Rückseite wurde das Bild mit einer kleinen Protestgeschichte Zürichs und einer Auswahl an entsprechenden Bildquellen kontextualisiert.

Input-Referat anlässlich der Vernissage

Architektur schafft den baulichen Rahmen für das gesellschaftliche Miteinander. Für die Disziplinen Architektur, Städtebau und Stadtplanung sind die historischen Erkenntnisse aus den Jugendunruhen deshalb von besonderem Interesse. Wieso gelang es damals nicht, die Konflikte zu entschärfen und welche konkreten Lösungsansätze können wir daraus vielleicht für die Zukunft ableiten? In einem kurzen Input-Referat versucht der Historiker Manuel Walser diese Fragen zu beantworten und erklärt, wieso er die Stadtzürcher Baupolizei für die Globus-Krawalle verantwortlich macht.

Referent*innen

Bildnachweis

The one-man water cannon test (Werkhof Wädenswil, 29. Mai 1969) © Eric Bachmann Fotoarchiv

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