Wie kann Architektur wirken, ohne sich aufzudrängen? Durch präzise Beobachtung, behutsame Annäherung und eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Ort wird es möglich, Eingriffe entstehen zu lassen, die auf das absolut Notwendige reduziert sind. Es geht um den kleinstmöglichen Eingriff – reduziert auf seine Essenz –, der Ressourcen schont und dennoch kraftvoll wirkt. Er geht dabei auf den Ort ein, auf die vorhandenen Spuren und Potenziale, auf die Bedürfnisse der Bewohnerinnen. Voraussetzung dafür ist ein genaues Hinschauen und Zuhören und ein Verständnis des Kontexts als bereits gebaute Realität in all seinen räumlichen, sozialen und kulturellen Facetten.
Im Zentrum steht dabei die Haltung der Sorgsamkeit: Nur wer sich intensiv mit den lokalen Gegebenheiten und den Bedürfnissen der Bewohnerinnen auseinandersetzt, kann Interventionen entwickeln, die eine hohe soziale Akzeptanz finden und langfristig Bestand haben.
Ein solcher Ansatz kann die Resilienz eines Ortes stärken. Wenn sich die späteren Nutzerinnen im Gebauten wiederfinden, wenn sich der architektonische Eingriff in die Schichten der kollektiven Erinnerung einbettet, wird Architektur Teil des Gemeinsamen. Dann entsteht Care – Sorge, Verantwortung und Identifikation – seitens der Bewohnerinnen, die sich dem neu Hinzugekommenen annehmen, was wiederum zur Langlebigkeit des Projekts beiträgt.
Somit ist die heute viel beschworene Haltung zur Nachhaltigkeit in der Architektur nicht nur ökologischer materieller oder ökonomischer Natur, sondern muss sich auch mit der sozialen und kulturellen Verwurzelung des eigenen Eingriffs im Kontext auseinandersetzen. Sie fragt danach, wie Architektinnen aufmerksam zuhörend und präzise Projekte planen können, die mit einem kleinen Eingriff grosse Wirkung entfalten.
Vortrag von Rina Rolli, im Anschluss Podiumsdiskussion mit Marcel Metzger, moderiert durch Marcel Bächtiger.
Eintritt CHF 10.– / Mitglieder AFO Eintritt frei
Gratis Studenten-Mitgliedschaft
Rina Rolli
Rina Rolli schloss 2019 ihr Studium an der ETH Zürich ab und gründete im selben Jahr mit ihrem Partner Tiziano Schürch ihr Büro studioser. Sie arbeitet an Projekten, die die Besonderheit von Kontexten mit dem Leben der darin lebenden Menschen in Beziehung setzen. Derzeit unterrichtet sie als Assistentin an der Professur von Jan de Vylder an der ETHZ.